Bürgerliches Recht

Verwirkung des Herausgabeanspruchs eines eingetragenen Grundstückseigentümers, BGH Urteil vom 16.03.2007,

Verkehrssicherungspflichten: Haftung des mit der Bauleitung beauftragten Architekten BGH Urteil vom 13.3.2007,

Schadensrecht: Kein Haftungsausschluss für Schmerzensgeldforderungen von Angehörigen, BGH Urteil vom 6.2.2007,

Unwirksamer Ausschluss arglistiger Täuschung, BGH- Urteil vom 17.01.2007

Deklaratorisches Schuldanerkenntnis durch Werklohnzahlung, BGH- Urteil vom 11.01.2007

Arzthaftung: Bei fehlerhaften Verhütungsmaßnahmen Haftung des Arztes, BGH- Urteil vom 14.11.2006

Persönlichkeitsrecht: Bezeichnung als "Terroristentochter" in gebotenem Kontext zulässig, BGH- Urteil vom 05.12.2006

Werkvertrag - Schadenersatz bei Kündigung, BGH Urteil v. 13.06.2006

Schadensersatzrecht: Beim Skiunfall haftet der von oben kommende Skifahrer, Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 23.03.2006

Wirksamkeit der Kündigung aufgrund eines nicht verfügbaren DSL-Anschlusses, Urteil des Amtsgerichts München vom 20.03.2007

Schadensrecht: nicht jede Straße muss generell gestreut werden, Gemeinde haftet für Unfälle wegen Glatteis nicht immer, Urteil des LG Gera vom 29.07.2005

Im Skigebiet mit Glätte rechnen: Zur Haftung einer Gemeinde für Glätte im Bereich eines Skilifts, Urteil des Landgericht Coburg vom 30.04.2007

Versandhandel von ausländischen Arzneimitteln - Urteil des BGH vom 20. Dezember 2007

Zur Geltendmachung von Forderungen bei Stillhalteabkommen, Urteil des BGH vom 20. Dezember 2007

Rückforderungsanspruch der Bank bei rechtsgrundloser Sparbuchauszahlung verjährt in 3 Jahren nach Auszahlung, AG Frankfurt/Main Urteil vom 28.08.2007






Verwirkung des Herausgabeanspruchs eines eingetragenen Grundstückseigentümers, BGH Urteil vom 16.03.2007,

Az: V ZR 190/06

Die Verwirkung eines Herausgabeanspruchs eines im Grundbuch eingetragenen Eigentümers eines Grundstücks gegen den Besitzer kommt aufgrund des vom Gesetzgeber normierten Eigentumsschutzes nur dann in Betracht, wenn die Herausgabe für den Besitzer schlechthin unerträglich ist.

Verkehrssicherungspflichten: Haftung des mit der Bauleitung beauftragten Architekten BGH Urteil vom 13.3.2007,

Az: VI ZR 178/05

Grundsätzlich kommt eine Haftung des mit der örtlichen Bauaufsicht bzw. Bauleitung beauftragten Architekten wegen einer Verletzung von Verkehrssicherungspflichten (§ 823 Abs. 1 BGB) in Betracht, da den Architekten mit der Übernahme einer solchen Aufgabe die Pflicht trifft, nicht nur seinen Auftraggeber, sondern auch Dritte vor Schäden zu bewahren, die im Zusammenhang mit der Errichtung des Bauwerks entstehen können.

Regelmäßig hat der Architekt nur diejenigen Verkehrssicherungspflichten zu beachten, die dem Bauherrn als dem mittelbaren Veranlasser der aus der Bauausführung fließenden Gefahren obliegen, da grundsätzlich zunächst der Unternehmer verkehrssicherungspflichtig ist. Liegen jedoch Anhaltspunkte dafür vor, dass der Unternehmer dieser Pflicht nicht nachkommt oder nicht ausreichend sachkundig oder zuverlässig ist, wird der Architekt selbst verkehrssicherungspflichtig, wenn er Gefahrenquellen erkannt hat oder wenn er diese bei gewissenhafter Beobachtung der ihm obliegenden Sorgfalt hätte erkennen können.

Ein Haftungsausschluss nach den Grundsätzen über die gestörte Gesamtschuld kommt nicht in Betracht, weil zwischen dem mit der Bauleitung beauftragten Architekten und einem Bauhandwerker regelmäßig keine gemeinsame Betriebsstätte besteht und deshalb zugunsten des Erstschädigers die sozialrechtliche Haftungsprivilegierung des § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII nicht eingreift.

Schadensrecht: Kein Haftungsausschluss für Schmerzensgeldforderungen von Angehörigen, BGH Urteil vom 6.2.2007,

Az: VI ZR 55/06

Der in § 105 Abs. 1 SGB VII geregelte Haftungsausschluss gilt nicht für Schmerzensgeldansprüche von Angehörigen oder Hinterbliebenen eines Versicherten aufgrund so genannter Schockschäden infolge eines Arbeitsunfalles des Versicherten.

Unwirksamer Ausschluss arglistiger Täuschung, BGH- Urteil vom 17.01.2007

AZ: VIII ZR 37/06

Ein vertraglicher Ausschluss der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist nach allgemeiner Auffassung unwirksam, wenn die Täuschung von dem Geschäftspartner selbst oder von einer Person verübt worden ist, die nicht Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB ist. Dies ist mit dem von § 123 BGB bezweckten Schutz der freien Selbstbestimmung unvereinbar.

Deklaratorisches Schuldanerkenntnis durch Werklohnzahlung, BGH- Urteil vom 11.01.2007

AZ: VII ZR 165/05

Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis erfordert ein entsprechendes Angebot sowie dessen Annahme. Die Prüfung einer Rechnung, die Bezahlung einer Rechnung oder auch die Bezahlung nach Prüfung erlauben für sich genommen nicht, ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis anzunehmen.

Arzthaftung: Bei fehlerhaften Verhütungsmaßnahmen Haftung des Arztes, BGH- Urteil vom 14.11.2006

AZ: VI ZR 48/06

a) Auch der jeweilige nichteheliche Partner, der vom Fehlschlagen der Verhütung betroffen ist, fällt in den Schutzbereich eines auf Schwangerschaftsverhütung gerichteten Vertrages zwischen Arzt und Patientin.

b) Der Arzt ist auch ersatzpflichtig, wenn lediglich die gegenwärtige berufliche Planung der Mutter durchkreuzt wird, ein späterer Kinderwunsch hingegen nicht völlig auszuschließen ist.

Persönlichkeitsrecht: Bezeichnung als "Terroristentochter" in gebotenem Kontext zulässig, BGH- Urteil vom 05.12.2006

AZ: VI ZR 45/05

Die Bezeichnung "Terroristentochter" ist im Hinblick auf die Tochter Ulrike Meinhofs zulässig. Es handelt sich hierbei um einen Beitrag von öffentlichem Interesse, der zur Meinungsbildung bei der Bewertung von Fragen beiträgt. Außerdem machte die Tochter Ulrike Meinhofs durch Art und Gegenstand ihrer Veröffentlichungen selbst eine Diskussion über ihre publizistische Tätigkeit. Bei der gebotenen Gesamtabwägung all dieser Umstände stellt sich die von der Beklagten gewählte Formulierung daher im konkreten Kontext als noch zulässig und damit nicht als rechtswidrig dar.

Werkvertrag - Schadenersatz bei Kündigung, BGH Urteil v. 13.06.2006

AZ: X ZR 167/04

zum Schadensersatzanspuch des Bestellers bei Kündigung des Werkvertrages wegen bis dahin erbrachter mangelhafter Teilleistung


In dem genannten Urteil hat der BGH entschieden, dass der Schadensersatzanspruch des Bestellers wegen mangelhafter Teileistung von einer späteren Kündigung des Werkvertrages unbrührt bleibt.

Erbrachte Teilleistungen sind nicht ohne weiteres als mangel- bzw. fehlerhaft anzusehen, wenn der Unternehmer zur Lösung eines technischen Problems zunächst Wege beschreitet, die sich später als nicht durchführbar erweisen.

Soweit bei einem Werkvertrag kein ausdrückliches Kündigungsrecht vereinbart wurde, kann der Werkunternehmer den Vertrag nur dann unter den Voraussetzungen des § 643 BGB oder aus wichtigem Grund kündigen, wenn ihm das Festhalten am Vertrag aufgrund eines vom Besteller zu vertretenden Grundes unzumutbar ist.

Soweit angenommen werden kann, dass Leistung und Gegenleistung gleichwertig seien (widerlegbare Rentabilitätsvermutung), beschränkt sich diese Vermutung nur auf das Geschäft, das der Ersatzpflichtige unerfüllt gelassen hat, nicht jedoch auch auf vertragsgegenstandsbezogene Folgegeschäfte.

Schadensersatzrecht: Beim Skiunfall haftet der von oben kommende Skifahrer, Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 23.03.2006

Az: 4 U 185/05

Bei einem Skiunfall haftet allein der von oben kommende Skifahrer. Denn er muss seine Fahrspur so aussuchen, dass die vor ihm fahrenden Skifahrer nicht gefährdet werden.

Das Argument des Beklagten in hiesigem Rechtsstreit (von oben kommender Skifahrer), dass der untere Skifahrer sich auch umsehen müsse, wies das Gericht ab. Ein Blick von dem unten fahrenden Skifahrer nach oben oder rückwärts kann nicht verlangt werden, weil dieser die vor ihm fahrenden Skiläufer beobachten müsse. Dem unten fahrenden Skifahrer trifft im Falle einer Kollision daher keinerlei Mitschuld an dem Skiunfall.

Wirksamkeit der Kündigung aufgrund eines nicht verfügbaren DSL-Anschlusses, Urteil des Amtsgerichts München vom 20.03.2007

Az: 271 C 32921/06

Wenn der DSL-Anschluss nach einem Umzug in der neuen Wohnung nicht funktioniert und keine Abhilfe durch den Anbieter geschaffen werden kann, hat der Anschlussanbieter keinen Anspruch auf Zahlung der monatlichen Grundgebühren für die Zurverfügungstellung des DSL-Anschlusses.

Hintergrund der Entscheidung war die Klage einer Telekommunikationsdienstleistungsgesellschaft gegen einen Kunden hinsichtlich der Zahlungsverpflichtungen aus dem Telekommunikationsdienstleistungsvertrag über einen DSL-Anschluss. Während der Vertragslaufzeit zog der Beklagte (Kunde) in eine neue Wohnung um. In der neuen Wohnung funktionierte der DSL-Anschluss nicht und der Kläger (Anbieter) konnte keine Abhilfe schaffen. Nichtsdestotrotz forderte der Anbieter von dem Kunden weiter die Zahlung der Grundgebühren. Daraufhin kündigte der Beklagte (Kunde), was der Kläger (Anbieter) nicht akzeptieren wollte.

Das Amtsgericht München wies die Klage ab und gab dem Beklagten recht. Die Kündigung war wirksam und der Anbieter hatte keinen Anspruch auf Gegenleistung, da er die Leistung nicht erbringen konnte.

Schadensrecht: nicht jede Straße muss generell gestreut werden, Gemeinde haftet für Unfälle wegen Glatteis nicht immer, Urteil des LG Gera vom 29.07.2005

Az. 2 O 2235/03

Der Entscheidung zugrunde liegender Sachverhalt: Die Klägerin befuhr mit ihrem Fahrrad im Januar eine Gemeindestraße. Sie rutschte mit dem Vorderrad ihres Rades weg und stürzte dabei. Sie verklagte die Gemeinde auf Zahlung des Schadensersatzes wegen der bei dem Sturz erlittenen Verletzung, da sie der Meinung war, die Gemeinde habe ihre Streupflicht verletzt.
Die beklagte Gemeinde bestritt, die ihr obliegende Streupflicht verletzt zu haben. Weder habe allgemeine Straßenglätte geherrscht, noch habe eine Streupflicht bestanden, weil die Unfallstelle auf einer Nebenstraße von untergeordneter Bedeutung liege und diese wegen des nur mäßigen Gefälles auch nicht als gefährliche Straßenstelle einzustufen sei.

Das Landgericht Gera folgte der Argumentation der beklagten Gemeinde. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH bestünde eine Räum- und Streupflicht innerhalb geschlossener Ortschaften nur an verkehrswichtigen und gefährlichen Straßenstellen, wobei die Streupflicht stets eine allgemeine Straßenglätte voraussetze (BGHZ 31, 73; 40, 379; 112, 74; BGH MDR 1998, 402; OLG Jena NZV 2001, 87).
Als verkehrswichtig werden dabei regelmäßig nur verkehrsreiche Durchgangsstraßen, Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen und städtische Hauptverkehrsstraßen angesehen.

Die im Streitfall maßgebliche Straße, entsprach diesem Kriterium nicht.

Im Skigebiet mit Glätte rechnen: Zur Haftung einer Gemeinde für Glätte im Bereich eines Skilifts, Urteil des Landgericht Coburg vom 30.04.2007

Az: 22 O 858/06

Urlauber sollten in Skigebieten Vorsicht walten lassen und mit Glätte rechnen. Wer gleichwohl als Fußgänger ausrutscht, hat relativ schlechte Aussichten, hierfür jemanden haftbar machen zu können. Das geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Coburg hervor, das die Klage einer Fußgängerin gegen eine Gemeinde auf Schmerzensgeld in Höhe von 2.700 € abwies. Die Kommune habe an der Sturzstelle, die sich außerhalb der Bebauung mitten im Skigebiet befand, nicht räumen und streuen müssen.

Versandhandel von ausländischen Arzneimitteln - Urteil des BGH vom 20. Dezember 2007

Az: I ZR 205/04

a) Im Rahmen des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Fall 1 AMG ist nicht allein die in Deutschland und in dem anderen Mitgliedstaat jeweils gegebene Gesetzeslage, sondern die jeweilige Rechtslage im Blick auf die tatsächlich bestehenden Sicherheitsstandards miteinander zu vergleichen.

b) Der Umstand, dass das niederländische Recht den Versandhandel mit Arzneimitteln nicht von der Führung einer Präsenzapotheke abhängig macht, kann einem Versandhandelsunternehmen, das eine Präsenzapotheke in den Niederlanden nach den dort bestehenden Bestimmungen betreibt, nicht entgegengehalten werden.

c) Die Veröffentlichung einer Übersicht zum Versandhandel mit Arzneimitteln nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG bindet die Gerichte insoweit, als sie Feststellungen dazu enthält, dass in bestimmten Mitgliedstaaten der Europäischen Union vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen.

Zur Geltendmachung von Forderungen bei Stillhalteabkommen, Urteil des BGH vom 20. Dezember 2007

Az: IX ZR 93/06

a) Bei der Prüfung, ob der Schuldner zahlungsunfähig ist, darf eine Forderung, die früher ernsthaft eingefordert war, nicht mehr berücksichtigt werden, wenn inzwischen ein Stillhalteabkommen - das keine Stundung im Rechtssinne enthalten muss - mit dem Gläubiger geschlossen wurde.

b) Nimmt eine Bank Ratenzahlungen des Schuldners entgegen, die sie mit diesem in einem Stillhalteabkommen vereinbart hat, so ist zu vermuten, dass sie die Absicht des Schuldners kennt, die Gläubiger zu benachteiligen, wenn sie weiß, dass der Schuldner noch weitere Gläubiger hat, die erfolglos zu vollstrecken versucht haben, und die Raten auch nur unregelmäßig gezahlt werden.

Rückforderungsanspruch der Bank bei rechtsgrundloser Sparbuchauszahlung verjährt in 3 Jahren nach Auszahlung, AG Frankfurt/Main Urteil vom 28.08.2007

30 C 3392/06-45

Zahlt eine Bank versehentlich ein Sparbuchguthaben aus, ohne dass ein Rechtsgrund vorlag, kann sie vom Kunden die Rückzahlung des Auszahlungsbetrages nur innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren, die mit der Auszahlung beginnt, verlangen.

In dem entschiedenen Fall hatte die Bank ein auf einem Sparbuch als Mietkaution zugunsten des Vermieters verpfändetes Guthaben an den Kunden ausgezahlt, ohne das die Freigabeerklärung der Kaution durch den Vermieter vorlag. Erst als der Vermieter nach über 3 Jahren die Auszahlung der Kaution an sich von der Bank verlangte, wurde der Fehler bemerkt. Die Bank verlangte daraufhin vom Kunden ohne Erfolg die Rückzahlung des zu Unrecht ausgezahlten Kautionsbetrages.

Das Gericht wies den klageweise geltend gemachten Rückforderungsanspruch der Bank als verspätet zurück. Der Anspruch sei bereits verjährt. Für den Lauf der maßgeblichen regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren komme es nicht auf die Entdeckung des Versehens, sondern allein auf den Zeitpunkt der Auszahlung an den Kunden an.