Aktuelles
Prozesserschwernis für die polnischen Unternehmen
Hauptversammlung kann Gesellschaftsverträge bestätigen
Weitere Änderungen zur Vollziehung des Schengen-Abkommens
Haftung der Unternehmen für die Weitergabe von persönlichen Daten
Verhandlungen über Zuschüsse für polnische Unternehmen abgeschlossen
vorgezogene Parlamentswahlen in Polen am 21.10.2007
Prozesserschwernis für die polnischen Unternehmen
Die Novellierung des polnischen Verfahrensrechts im Zivilrecht führt zur Anhäufung von Streitklagen. Gem. Art. 204 des polnischen Zivilverfahrensgesetzes war es bisher möglich während des laufenden Prozesses einen Gegenanspruch bzw. eine Gegenklage zu erheben, wenn der Anspruch auf den Streitgegenstand bezogen war und die Ansprüche aufrechnungsfähig waren.
Im Wirtschaftsverkehr gilt seit März 2007 die Gesetzesänderung, aufgrund deren die Möglichkeit einer Gegenklage aufgehoben wurde (Art. 479 § 3 der polnischen ZPO). Das bedeutet, dass beklagte Unternehmen während des laufenden Prozesses keine Gegenforderung geltend machen können, mit der bei Erfolg aufgerechnet werden könnte. Nunmehr müssen beklagte Unternehmen eigene Forderungen gegen den Kläger im Rahmen eines neuen, durch Einreichung einer separaten Klageschrift eingeleiteten getrennten Prozess geltend machen.
Die jeweiligen Entscheidungen werden demnach auch in zwei unterschiedlichen Gerichtsverhandlungen getroffen. Diese Lösung wird nach herrschender Meinung als irrational bezeichnet. Die Urheber begründen die Änderung mit dem Bedürfnis nach Klarheit und Transparenz der Gerichtsverhandlungen. Im Endeffekt führt sie jedoch zur Verdoppellung der Gerichtsverhandlungen, was auch die Beschleunigung und Effektivität der Entscheidungen und Urteile negativ beeinflussen kann.
Hauptversammlung kann Gesellschaftsverträge bestätigen
Hat ein Gesellschaftsvorstand im Namen der Gesellschaft einen Vertrag abgeschlossen, ohne zuvor eine Einwilligung der Gesellschaftsversammlung oder des Gesellschaftsrates einzuholen, wird der Vertrag nach dem Beschluss des Höchsten Gericht Polens vom 14.09.2007 nicht nichtig, wenn der Vorstand die Zustimmung zum Vertrag von einem dieser Organe erhält. Diese Entscheidung führt auch zu einer Berücksichtigung der Interessen von Dritten.
Der Beschluss ist von besonderer Bedeutung für die Genossenschaften und ihre Kontrahenten. Er erleichtert nämlich die Erhaltung der von der Genossenschaft abgeschlossenen Verträge und die Aufklärung von bestehenden Unstimmigkeiten.
Weitere Änderungen zur Vollziehung des Schengen-Abkommens
Am 4. September 2007 hat der Senat dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Grenzschutz und zur Änderung des Gesetzes über den Grenzdienst zugestimmt. Das Hauptziel ist die Vorbereitung zur endgültigen Umsetzung der Bestimmungen des Schengen-Abkommens. Die eingeführten Vorschriften haben weitergehenden Ordnungscharakter und dienen der Vereinheitlichung des Rechtszustands innerhalb der EU-Grenzen. Dank der Umsetzung der Richtlinie (Nr. 562/2006) werden der Schutz der Außengrenzen und die Freizügigkeit innerhalb der Grenzen garantiert. Ziel ist auch die Erreichung des fließenden Verkehrs.
Nach den Gesetzesänderungen darf das Überqueren der europäischen Innengrenze stets an den dazu zulässigen Stellen erfolgen. Diese Bestimmung gilt, bis eine entsprechende Verordnung erlassen wird. Es wird weiterhin unterschieden zwischen EU und Nicht –EU Bürgern. EU-Bürger brauchen keine Erklärungen zu ihrem Reiseziel angeben. Es ist jedoch nach wie vor erforderlich, den persönlichen Ausweis vorzulegen. Dank dem Schengen-Informationensystem wird bald auch Austausch von Informationen über kriminelle Straftaten und anhängige gerichtliche Bestimmungen möglich. Zum Schutz der europäischen Bürger werden auch Informationen über vermisste Personen, Zeugen und andere, deren Hilfe zur Aufklärung von Straftaten von entscheidender Bedeutung sein kann, gesammelt. Bereits seit September 2007 haben Gerichte, Zollbeamte, Spezialdienste Zugriff auf das Informationenregister. In dem System werden auch Informationen über Ausländer gespeichert, deren die Einreise verweigert wurde.
Haftung der Unternehmen für die Weitergabe von persönlichen Daten
Die Unternehmen, die persönliche Daten von ihren Kunden nicht ausreichend schützen oder die Daten illegal verkaufen, werden mit einer Geldstrafe bis 100.000,00 Euro rechnen müssen.
Diese Bestimmung ist in einem Projekt zur Änderung des polnischen Datenschutzgesetzes vorgesehen. Das heute geltende Gesetz enthält mildere Sanktionen. Danach beträgt der höchste Strafbetrag nur 5.000,00 PLN (ca. 1.200 €). Wie der Vergleich zu den anderen europäischen Ländern zeigt (als Beispiel kann Spanien und Tschechien gelten), führen höhere Strafbeträge zu einer effektiven Gesetzesanwendung. Auch in Polen werden die Geldstrafen nicht beliebig festgelegt. Das Projekt sieht die Einräumung der Rahmensätze für bestimmte Vergehen vor.
Verhandlungen über Zuschüsse für polnische Unternehmen abgeschlossen
Polen hat mit der Europäischen Kommission Verhandlungen über eine finanzielle Unterstützung für polnische Unternehmen für den Zeitraum 2007-2013 geführt, die nach einem halben Jahr abgeschlossen wurden.
Jetzt wurde für das Projekt der Innovativen Wirtschaft in Polen eine Summe 37 Mrd. PLN zugesichert. Ein erheblicher Teil des Geldes wird für Zuschüsse für unternehmerische Investitionen verwendet. Dies war für die polnischen Firmen auch das oberste Ziel. Zusätzlich wird es möglich, die Ausgaben auf die wissenschaftliche Forschung, neue Technologien oder Kauf von informativen Lösungen zu richten.
In der Ministerabteilung der regionalen Entwicklung spricht man von einem großen Erfolg. Im Bezug auf das Wettbewerbsrecht wurde das Problem der Unterstützung anderer europäischer Firmen aus den europäischen Fonds bereits vorher gelöst. Ein Beispiel hierfür war das Verbot der Zuschussvergabe für europäische Firmen, die ihre Niederlassung nach Polen verlegt wollten.
vorgezogene Parlamentswahlen in Polen am 21.10.2007
Nach den vorgezogenen Parlamentswahlen in Polen am 21.10.2007 ist es zu einem Regierungswechsel gekommen. Die rechts-konservative Partei PiS (Recht und Gerechtigkeit), die seit zwei Jahren, mit zwei kleineren Parteien der Samoobrona (Selbstverteidigung) und LPR (Liga der Polnischen Familien), die Regierung bildete, muss künftig die Regierung an die konservativ-liberale PO (Bürgerplattform) abgeben. Es ist eine klare Niederlage der Gebrüder Kaczynski. Zwar muss jetzt nur Jaroslaw, der der Vorsitzende der PiS Partei ist, seinen Sitz als Premier abtreten, sein Bruder Lech Kaczynski bleibt aber weiter Präsident der Republik Polen und das bis 2010. Seit ihrem Amtsantritt im Herbst 2005 haben die Zwillingsbrüder Kaczynski den Aufbruch einer neuen Ära in Polen angekündigt, den Beginn der IV Republik Polens.
In ihrem Programm sahen sie als aller erstes vor, die Politik und das Gesellschaftsleben von Postkommunisten zu befreien. Dazu verabschiedeten sie ein Durchleuchtungsgesetzt, welches jedoch vor dem Verfassungsgericht nicht standhielt. Neben Jaroslaw Kaczynski, der als EU-Skeptiker galt, ist mit Justizminister Zbigniew Ziobro noch ein anderer Politiker dieser Partei in den Fordergrund getreten. Ziobro hat sich als ein sehr aktiver Justizminister erkennen lassen. Er hat unter anderem die 24-stündigen Gerichte eingeführt und zeigte eine enorme Präsenz gegenüber dem organisierten Verbrechen. Seine zwei letzten Reformen, die eine über die erweiterte Enteignung der Vermögen von Verbrechern und die andere über einen breiteren Zugang zum Juristenberuf, werden wegen der Niederlage der PiS Partei jedoch wohl nicht in Kraft treten.
Bei dem Wahlergebnis vom 21.10.2007 dürfte die Geschichte der Koalitionsregierung der PiS, Samoobrona und LPR einen nicht unerheblichen Einfluss gehabt haben.
Zuerst ist die Jugendorganisation der LPR, die Młodzież Wszechpolska (Allpolnische Jugend) rechtsradikal in Erscheinung getreten, was dazu führte das LPR sich von ihr loslöste. Danach kam die Affäre in der Samoobrona, in der Parteimitglieder der Samoobrona einige Parteikolleginnen sexuell missbraucht haben sollen. Schließlich erschütterten die Vorgänge im Landwirtschaftsministerium, das durch den Vorsitzenden der Samoobrona Andrzej Lepper geführt wurde, die öffentliche Meinung. Diese Korruptionsaffäre führte zur Entlassung von Lepper.
Mit dieser Affäre hat man auch den Innenminister Janusz Kaczmarek in Verbindung gebracht. Er wurde der Durchsickerung von Informationen zum Landwirtschaftsministerium beschuldigt und deswegen abberufen. Seit seiner Entlassung hat Kaczmarek immer wieder auf das politische Engagement der Staatsanwaltschaft und der Sicherheitsdienste hingedeutet. Im August 2007 kam es im Sejm hinter verschlossenen Türen zu einer Lesung seiner Aussagen, die er gegenüber dem Parlamentsausschuss für Sicherheitsdienste gemacht hatte. Darin beschuldigte er die Regierung der Bewachung von Medien und der Opposition.
Dieses führte schließlich zur Selbstauflösung des Parlaments und zu den vorgezogenen Wahlen am 21.10.2007.
An dieser Wahl beteiligten sich mehr als 50% der polnischen Wahlbeteiligten. Das ist die höchste Wahlbeteiligungsrate seit Polen 1989 die Unabhängigkeit wiedererlangt hatte. Die polnische Botschaft in Berlin hat einen wirklichen Andrang erlebt. Wartezeiten von 1,5 Stunden musste man in Kauf nehmen. Nicht anders erging es anderen Botschaften auf der ganzen Welt.
Als Sieger dieser Wahl geht die PO (Bürgerplattform) und sein Vorsitzender Donald Tusk hervor, der niedrigere Steuern und eine business-freundliche Verwaltung verspricht. Nicht zuletzt war sein Wahlmotto ein Wirtschaftswunder für Polen und bessere Bezahlung. Ziel war es, insbesondere auch die Stimmen der seit dem EU-Beitritt Polens ins Ausland ausgesiedelten Polen zu gewinnen. Außerdem verspricht er eine noch engere Zusammenarbeit mit Deutschland und den anderen EU-Mitgliedstaaten. Die PO Partei will auch die Truppen aus dem Irak zurück ziehen.
Die PO Partei wird aber nicht in der Lage sein, alleine zu regieren; deshalb muss sie eine Koalition bilden. Die bislang regierende PiS Partei geht jetzt in die Opposition, da sie mit der PO nicht zusammenarbeiten will. Eine Zusammenarbeit mit der Bauernpartei PSL ist daher höchst wahrscheinlich.