Überblick über die rechtliche Betreuung Volljähriger

Die rechtliche Betreuung volljähriger Personen im Überblick




Die rechtliche Betreuung volljähriger Personen im Überblick

1. Die Zielstellung rechtlicher Betreuung volljähriger Personen

Es ist lebensalltäglich, dass eine volljährige Person bedingt durch eine psychische Erkrankung oder eine geistige, seelische bzw. körperliche Behinderung darin gehindert ist, ihre Angelegenheiten zufriedenstellend zu besorgen. Bei Vorliegen eines derartigen Falles hat der Gesetzgeber durch ein System von Rechtsvorschriften Vorsorge getroffen. Dieses System von Normen dient dazu, die Rechtsstellung psychisch Kranker, geistig, körperlich oder seelisch behinderter volljähriger Personen zu bestimmen.
Damit ist das Betreuungsrecht Ausdruck der Verantwortlichkeit unserer Gesellschaft, die diese gegenüber jedem Einzelnen übernimmt.

2. Voraussetzungen, unter denen die Betreuung angeordnet werden kann

Grundsätzlich gilt, dass eine Betreuung durch Bestellung eines Betreuers nur angeordnet werden kann, wenn eine volljährige Person aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann.
In einem derartigen Fall bestellt das örtlich zuständige Vormundschaftsgericht, hierbei handelt es sich regelmäßig um eine Abteilung des Amtsgericht, welchem die gerichtlichen Entscheidungen im Familienrecht übertragen worden sind, einen Betreuer. Die Bestellung erfolgt entweder auf Antrag des Betroffenen oder von Amts wegen. Der Antrag kann auch von einer geschäftsunfähigen Person gestellt werden. Es ist unzulässig, gegen den freien Willen eines Volljährigen einen Betreuer zu bestellen. Sofern eine freie Willensbestimmung nicht erfolgen kann, kann eine sogenannte Zwangsbetreuung angeordnet werden.

Mit dem am 01.01.1992 in Kraft getretenen Betreuungsgesetz wurden die zuvor maßgeblichen Tatbestände, wie Geistesschwäche, Trunksucht, Verschwendung, Geisteskrankheit und Rauschgiftsucht, dem Gesetzestext entnommen. Sie stellen sich demnach nicht mehr als Voraussetzung für die Anordnung einer Betreuung dar. Einzig und allein entscheidend ist, ob die konkrete Bedürftigkeit des Betroffenen die Bestellung eines Betreuers erfordert.
Die juristischen Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers sind grundlegend in § 1896 BGB geregelt.

3. Die Person des Betreuers

Zu einem Betreuer wird durch das Vormundschaftsgericht eine natürliche Person bestellt, welche geeignet ist, in dem vom Gericht vorgegebenen Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und in der erforderlichen Art und Weise persönlich zu betreuen (§ 1897 I BGB).
Grundsätzlich hat die hilfsbedürftige volljährige Person ein Vorschlagsrecht zur Person des Betreuers. Diesem Vorschlag ist zu entsprechen, sofern es dem Wohl des Volljährigen nicht zuwider läuft (§ 1897 IV BGB).
In jedem Fall sind bei der Auswahl eines Betreuers verwandtschaftliche und sonstige persönliche Bindungen beachtenswert.
Es ist auch möglich, dass mehrere Betreuer für einen Volljährigen bestellt werden, sofern dies für die Angelegenheitenbesorgung notwendig ist.
Die Bestellung von sogenannten Berufsbetreuern soll nur nur dann erfolgen, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht. Die Betreuung kann auch durch einen hierzu anerkannten Verein wahrgenommen werden.
Nach § 1898 I BGB ist die vom Vormundschaftsgericht ausgewählte Person verpflichtet, bei vorhandener Eignung die Betreuung zu übernehmen, sofern eine Übernahme zugemutet werden kann.
Eine Bestellung zum Betreuer erfolgt erst, wenn sich der Betreuer zur Übernahme des Amtes bereit erklärt hat.

4. Umfang der Betreuung

Nach § 1901 I BGB umfasst die Betreuung alle Tätigkeiten, welche erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten im Rahmen des vom Gericht vorgegebenen Aufgabenkreises rechtlich zu besorgen. Hierbei hat das Wohl des Betreuten höchste Priorität.
Der einem Betreuer angetragene Aufgabenkreis kann zum Beispiel darin bestehen,
- den Aufenthalt des Betreuten zu bestimmen
- den Betreuten in vermögensrechtlichen Angelegenheiten zu vertreten und insoweit seine Vermögensbetreuung wahrzunehmen
- den Betreuten zur ärztlichen Behandlung zuzuführen und
- einen vom Betreuten eingesetzten Bevollmächtigten zu überwachen
- persönliche Angelegenheiten für den Betreuten zu besorgen.

Die Vertretung durch den Betreuer erfolgt grundsätzlich gerichtlich und auch außergerichtlich (§ 1902 BGB, § 53 ZPO).
Sofern der Betreuer bezogen auf die Interessenlage des Betreuten besonders schwerwiegende Entscheidungen zu treffen hat, bedarf diese Entscheidung der Zustimmung des Vormundschaftsgerichts (§§ 1904 ff. BGB).
Zu derartigen Entscheidungen zählen unter anderem die Einwilligung in eine gefahrvolle Untersuchung oder Heilbehandlung, die Kündigung von Wohnraum oder der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen gegenüber dem Betreuten.
Um jedwedes Fehlhandeln der dem Betreuer eingeräumten Befugnisse weitestgehend zu vermeiden, existieren weitere rechtliche Vorschriften, die über den Genehmigungsvorbehalt durch das Vormundschaftsgericht hinaus das Vorliegen weiterer besonderer Voraussetzungen anordnet. Zu nennen sind zum Beispiel die Sterilisation (§ 1905 BGB) oder aber die Unterbringung eines Betreuten in einer geschlossenen Anstalt (§§ 1905, 1906 BGB).

5. Die Aufhebung der Betreuung

Nach § 1908 d I BGB ist die vom Vormundschaftsgericht angeordnete Betreuung aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen weggefallen sind.
In gleicher Weise kann sich der Aufgabenkreis eines Betreuers einschränken oder erweitern.
Im Falle der Anordnung der Betreuung auf Antrag des Betreuten ist die Betreuung wieder aufzuheben, wenn dies durch den Betreuten beantragt wird und keine Gründe für eine Anordnung von Amts wegen vorliegen (§ 1908 d II BGB).

6. Die Vergütung des Betreuers

Bei der Frage, ob eine Betreuer eine Vergütung beanspruchen kann, ist zwischen nicht berufsmäßiger und berufsmäßiger Betreuung zu unterscheiden.
Für den nicht berufsmäßigen Betreuer gilt grundsätzlich, dass dieser die Betreuung unentgeltlich führt (§§ 1908 i, 1836 I BGB).
Allerdings kann das Vormundschaftsgericht für den Betreuer eine angemessene Vergütung bewilligen, wenn das Vermögen des Betreuten und der Umfang oder die Schwierigkeit der durchzuführenden Betreuung derartiges rechtfertigen.
Eine derartige Fallkonstellation kann gegeben sein, wenn das Reinvermögen des Betreuten Euro 2.600,00 übersteigt.
Von einer Vergütung ist eine Aufwandsentscheidung zu unterscheiden, die nach § 1835 a BGB gewährt werden kann.
Die Höhe der Vergütung eines nicht berufsmäßigen Betreuers wird einzelfallbezogen durch das Vormundschaftsgericht – zuständig ist der Rechtspfleger (§ 3 Nr. 3 a RPflG) – festgesetzt.

Im Falle einer berufsmäßig ausgeübten Betreuung muss das Vormundschaftsgericht eine Vergütung bewilligen (§§ 1908 i, 1836 I BGB; § 1 II VBVG).
In der Regel wird die berufsmäßige Betreuung auf Stundenbasis vergütet.
Für die Höhe des zu gewährenden Stundensatzes ist in der Regel die beim Berufsbetreuer vorzufindende Qualifikation maßgeblich.
Die vom Berufsbetreuer zu beanspruchende Vergütung schwangt zwischen Euro 27,00 und Euro 40,00 je aufgewendeter Stunde.
Seit dem 01.07.2005 kann durch den Berufsbetreuer nur noch eine pauschalierte Stundenzahl abgerechnet werden, die sich bei mittellosen Betreuten aus § 5 II VBVG ergibt.

Sofern der Betreute mittellos ist, wird der Berufsbetreuer aus der Staatskasse bezahlt (§ 1836 I BGB; § 1 II VBVG).

7. Zu beachtende Verfahrensvorschriften

In §§ 65 ff. des Gesetzes über die Freiwillige Gerichtsbarkeit (FGG) ist das Verfahren des Vormundschaftsgerichts in Betreuungssachen gesetzlich geregelt. In diesem Verfahren gilt grundsätzlich, dass der Betroffene unbeschadet des Vorliegens oder Nicht-Vorliegens einer Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig ist (§ 66 FGG). Ggf. ist dem Betroffenen ein Verfahrenspfleger zu bestellen, soweit dies zur Wahrung seiner Interessen notwendig ist.
Nach § 68 FGG hat das Vormundschaftsgericht den Betroffenen persönlich anzuhören und sich hierbei einen unmittelbaren Eindruck zu verschaffen.
Das Ergebnis der Anhörung und Resultate möglicher Begutachtung sind mit dem Betroffenen in einem so genannten Schlussgespräch zu erörtern.
Auf längstens sechs Monate mit einer Verlängerungsmöglichkeit bis zu einem Jahr kann im Wege eines einstweiligen Anordnungsverfahrens ein vorläufiger Betreuer bestellt oder ein vorläufiger Einwilligungsvorbehalt durch das Vormundschaftsgericht angeordnet werden, wenn die Anordnung einer Betreuung wahrscheinlich ist, ein demgemäßes ärztliches Zeugnis über den Zustand des Betroffenen vorliegt und weiterer Aufschub mit einer Gefahr verbunden ist (§ 69 f FGG).
Nach § 69 g FGG unterliegen die Entscheidungen des Vormundschaftsgerichts grundsätzlich der Beschwerde.
Neben dem Betroffenen sind dessen Ehegatte, dessen Lebenspartner oder weitere nahe Verwandte gleichsam beschwerdeberechtigt.
Auf diese Weise wird sichergestellt, ,dass die vom Nachlassgericht angeordneten Maßnahmen nicht willkürlich zum Nachteil des Betroffenen ergehen können.

8. Bedeutung der Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht bei vom Vormundschaftsgericht angeordneter Betreuung

Grundsätzlich gilt, dass Erklärungen des Betroffenen, die dieser im Zustand der Einwilligungsfähigkeit abgegeben hat, im Falle des Vorliegens der Einwilligungsunfähigkeit Vorrang genießen, da es sich um höchstpersönliche Erklärungen des Betroffenen handelt, die vorsorglich für einen Notfall abgegeben worden sind.
Ein Gleiches gilt für Vorsorge- oder Betreuungsvollmachten.
Mit derartigen Vollmachten hat der Betroffene für den Fall des Vorliegens eigener Einwilligungsunfähigkeit einem Bevollmächtigten Einwilligungsermächtigung übertragen.
Nach § 1904 II BGB bedarf die von einem Bevollmächtigten erklärte Einwilligung hinsichtlich der Vornahme ärztlicher Maßnahmen der Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht, sofern ein vom Vormundschaftsgericht zu bestellen gewesener Betreuer auch dessen Genehmigung bedurft hätte.
Demnach kann ein Betroffener durch die Errichtung einer Patientenverfügung bzw. die Erklärung einer schriftlichen Vorsorge- oder Betreuungsvollmacht auf Entscheidungen Einfluss nehmen, wenn die eigene Selbstbestimmungsfähigkeit entweder erheblich eingeschränkt oder aber verlorengegangen ist.


© November 2007 Udo Blümel Rechtsanwälte