Das neue Unterhaltsrecht
Das neue Unterhaltsrecht - Einführung
Unterhaltsarten
Bedürftigkeit, Leistungsfähigkeit, Selbstbehalt - Voraussetzungen für jeden Unterhaltsanspruch
Das neue Unterhaltsrecht - Einführung
1.
Am 01.01.2008 ist das vom Bundestag am 07.11.2007 verabschiedete Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts in Kraft getreten.
Hauptaufgabe des neuen Unterhaltsrechts sollte es sein, dass Unterhaltsrecht an die geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse anzupassen. Bis dahin war es jedoch ein langer Weg. Zahlreiche Änderungen oder Ergänzungen verschoben immer wieder den geplanten Termin, an dem das neue Unterhaltsrecht in Kraft treten sollte. So wurde das ursprünglich bereits für den 01.07.2007 geplante Inkrafttreten des neues Gesetzes verschoben, da nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts die Rangfolge nicht verheirateter Mütter und Väter von minderjährigen Kindern als verfassungswidrig angesehen wurde.
Die Anpassung des Unterhaltsrechts an die geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse und den eingetretenen Wertewandel machten sich erforderlich, da zum Beispiel in statistischen Erhebungen die Scheidungsrate innerhalb von zehn Jahren um knapp 40 % gestiegen ist. Zwar führten schon immer Trennung und Scheidung zu wirtschaftlichen Einbußen, jedoch ist verstärkt zu verzeichnen, dass das Einkommen Unterhaltspflichtiger immer häufiger nicht mehr ausreicht, seine Unterhaltsverpflichtungen zu erfüllen. Zunehmend sind Unterhaltsberechtigte auf ergänzende sozialstaatliche Leistungen angewiesen. So wurde die Zahl der minderjährigen Sozialhilfeempfänger zum Ende 2004 mit 1,12 Millionen, das heißt, knapp 40 % aller Sozialhilfeempfänger, angegeben.
Zunehmend kürzen sich auch die Zeiten der Erst-Ehen und damit die Begründung von Zweitfamilien mit Kindern, was die finanzielle Situation weiter anspannt. Gerade bei Nicht-Verheirateten ist es häufig der Fall, dass diese keinen Unterhalt erhalten.
Demgegenüber sind immer mehr Mütter mit minderjährigen Kindern berufstätig (im Jahr 2004 bereits 2 von 3), aber auch der Trend zu alternativen Familienformen nimmt stetig zu.
Das neue Unterhaltsrecht ist nunmehr noch stärker in allen Bereichen insbesondere auf das Wohl und die Interessen minderjähriger Kinder ausgerichtet. Hiermit soll erreicht werden, dass die Zahl der von Sozialhilfe abhängigen Kinder spürbar verringert wird. Dies gilt insbesondere in finanziellen Mangellagen und der hierdurch notwendigen gerechteren Verteilung der vorhandenen Mittel. Gleichzeitig sind Alleinerziehende bessergestellt und Zweitfamilien entlastet.
Bei Ehegattenunterhalt (insbesondere nachehelichen) wurde in § 1569 BGB nunmehr der Grundsatz der Eigenverantwortung der Ehegatten nach Scheidung gesetzlich fixiert. Danach haben geschiedene Ehegatten grundsätzlich selbst für ihren eigenen Unterhalt zu sorgen. Ein Unterhaltsanspruch besteht nur dann, wenn der geschiedene Ehegatte hierzu nicht selbst in der Lage ist und darüber hinaus weitere gesetzliche Voraussetzungen wie Betreuung von Kindern, Krankheit, unverschuldete Erwerbslosigkeit oder nicht ausreichendes Einkommen trotz Erwerbstätigkeit vorliegen.
Zu den wesentlichen Änderungen, die durch das neue Unterhaltsrecht gesetzlich gesichert wurden, gehören unter anderem
- die Veränderung der Rangfolgen mehrerer Unterhaltsberechtigter im Mangelfall,
- die Besserstellung nicht verheirateter Mütter und Väter,
- stärkere Eigenverantwortung geschiedener Ehegatten für den eigenen Lebensunterhalt,
- Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch, wenn ein geschiedener Ehegatte in einer neuen Beziehung lebt,
- Gleichstellung von Lebenspartnerschaften,
- Erfordernis der notariellen Beurkundung zur Wirksamkeit von Unterhaltsvereinbarungen zwischen Ehegatten vor der Scheidung.
2.
Die gesetzlichen Grundlagen finden sich im Buch 4 (Familienrecht) des Bürgerlichen Gesetzbuches, insbesondere in § 1361 (Getrenntlebendunterhalt), § 1569 (Nachehelicher Unterhalt) und §§ 1604 ff (Kindesunterhalt) sowie in den §§ 5, 12, 16 des Lebenspartnerschaftsgesetzes.
Die nach Artikel 3 Abs. 2 des Unterhaltsänderungsgesetzes normierte Übergangsregelung fand in § 36 EGZPO ihren Niederschlag. Dieser regelt, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Einschränkungen das neue Recht auf Unterhaltsrechtsverhältnisse anzuwenden ist, die bereits vor Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts ab dem 01.01.2008 entstanden sind. So ist unter anderem eine Anpassung rechtskräftiger Entscheidungen, anderer vollstreckbarer Titel oder sonstiger Unterhaltsvereinbarungen nur dann erforderlich, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung durch die neue Gesetzeslage eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens die betroffene Regelung zumutbar ist. Eine Ausnahme gilt nur bei sogenannten dynamischen Unterhaltstiteln oder Vereinbarungen über Kindesunterhalt, da diese regelmäßig keinen konkreten Unterhaltsbetrag angeben, sondern sich auf Altersstufe und Regelbetrag beziehen. Sie passen sich daher ohnehin den Veränderungen automatisch an. Hier gilt jedoch die Einschränkung, dass hierdurch nicht weniger Unterhalt bezahlt werden darf. Vielmehr sollen die Unterhaltszahlungen des Pflichtigen solange unverändert bleiben, bis auch die Umstellung auf die neue Gesetzeslage zu erhöhten Unterhaltsbeträgen führt.
Die Höhe der jeweiligen Unterhaltszahlungen, das unterhaltsrechtlich maßgebende Einkommen, einkommensmindernde Beträge, Selbstbehalt und Bedarf ergeben sich aus den für jedes Bundesland separat geltenden und durch die jeweiligen Oberlandesgerichte herausgegebenen Unterhaltsleitlinien.
Diese Unterhaltsleitlinien sind jedoch keine verbindlichen Rechts- oder Rechtsanwendungssätze mit Gesetzescharakter. Sie dienen lediglich dem Ziel, die Rechtsprechung möglichst zu vereinheitlichen. Aufgrund der neuen Gesetzgebung ab 01.01.2008 wurden auch die Unterhaltsleitlinien der jeweiligen Bundesländer durch die Oberlandesgerichte angepasst.
Während bis zum 31.12.2007 noch zwischen den Altbundesländern und dem Beitrittsgebiet unterschieden wurde, stehen ab dem 01.01.2008 alle an einem Unterhaltsrechtsverhältnis Beteiligten einander gleich, ungeachtet des Wohnortes von Unterhaltspflichtigem und Berechtigtem. Bis dahin richtete sich der Bedarf nach dem Wohnort des Unterhaltsberechtigten und die Leistungsfähigkeit (Selbstbehalt) nach dem Wohnort des Unterhaltspflichtigen.
Durch die Vereinheitlichung gelten z.Bsp. als Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Unterhalts minderjähriger unverheirateter Kinder nunmehr einheitlich die Tabellensätze der sogenannten Düsseldorfer Tabelle. Die bis dahin noch daneben geltende sogenannte „Berliner Tabelle“ ist weggefallen.
3.
Zu den Unterhaltsarten gehören der Kindesunterhalt für minderjährige und volljährige Kinder, der Ehegattenunterhalt sowie sonstiger Verwandtenunterhalt und Unterhalt nach § 1615 Abs. 1 BGB für die nichteheliche Mutter gegenüber dem nichtehelichen Vater.
Grundsätzlich kann gelten, dass Verwandte einander Unterhalt zu leisten haben. Dies führt dazu, dass nicht nur Eltern für ihre Kinder, sondern auch Kinder für ihre Eltern Unterhalt zu leisten haben, soweit die Voraussetzungen hierfür vorliegen.
4.
Soweit der Unterhaltsverpflichtete gegenüber mehreren Unterhaltsberechtigten Zahlungen zu leisten hat, tritt häufig der Fall ein, dass die finanziellen Verhältnisse nicht zur Abdeckung des Unterhalts aller Berechtigten ausreicht. Durch das neue Unterhaltsrecht wurde daher eine Rangfolge der Unterhaltsberechtigten gesetzlich festgelegt.
Es gilt mithin nunmehr folgende Rangfolge:
1. minderjährige unverheiratete Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB,
2. Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer, bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578 b Abs. 1 S. 2 und 3 BGB zu berücksichtigen,
3. Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen,
4. Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen,
5. Enkelkinder und weitere Abkömmlinge,
6. Eltern
7. weitere Verwandte in aufsteigender Linie, unter ihnen gehen die näheren den entfernteren vor.
Nach der neuen gesetzlichen Regelung führt die Rangfolge dazu, dass minderjährigen Kindern sowie diesen gleichgestellten volljährigen Kindern der absolute Vorrang einzuräumen ist. Erst wenn deren Unterhaltsansprüche in voller Höhe ausgeglichen sind, können weitere Unterhaltsberechtigte entsprechend ihrer Rangfolge Unterhalt beanspruchen.
Unterhaltsarten
1. Kindesunterhalt
Der Kindesunterhalt bezieht sich auf das Unterhaltsverhältnis zwischen Vater bzw. Mutter und dem Kind. Es bezeichnet den Unterhalt, den ein Elternteil für sein Kind bezahlt oder den ein Kind von seinem Elternteil erhält.
Man unterscheidet hierbei zwischen Betreuungs- und Barunterhalt. Beim Betreuungsunterhalt handelt es sich zum einen um den Unterhalt, den ein Elternteil leistet, bei dem das Kind wohnt. Dieser wird regelmäßig durch Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbracht. Zum anderen handelt es sich hierbei um den Unterhalt, den ein Elternteil dem anderen Elternteil dafür bezahlt, dass dieser das gemeinsame minderjährige Kind betreut und deshalb nicht selbst erwerbstätig sein und für den eigenen Lebensunterhalt sorgen kann.
Barunterhalt ist regelmäßig die Zahlung von Unterhalt in Form von Geld, das der Unterhaltspflichtige dem Unterhaltsberechtigten zahlt.
Beim Kindesunterhalt wird zwischen minderjährigen und volljährigen Kindern unterschieden. Minderjährige Kinder sind diejenigen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, volljährige dagegen ältere Kinder.
Bei den volljährigen Kindern wird im Weiteren unterschieden zwischen den privilegierten, das heißt nichtverheirateten, in allgemeiner Schulausbildung stehenden und zuhause wohnenden Kindern. Diese stehen den minderjährigen Kindern gleich. Zu nicht privilegierten volljährigen Kindern gehörigen diejenigen, die nicht mehr im Haushalt der Eltern oder eines Elternteiles wohnen.
Für minderjährige und diesen gleichgestellte volljährige Kinder dienen als Bemessungsgrundlage zur Unterhaltsberechnung die nunmehr einheitlich geltenden Tabellensätze der Düsseldorfer Tabelle. Die Höhe des Unterhaltes richtet sich nach der jeweiligen Altersstufe des Kindes, und zwar der ersten Altersstufe von 0 bis 5 Jahren, der zweiten Altersstufe von 6 bis 11 Jahren, der dritten Altersstufe von 12 bis 17 Jahren und der vierten Altersstufe von 18 Jahren. Darüber hinaus bemisst sich der Unterhalt nach der jeweils entsprechend der Leistungsfähigkeit des Unterhaltverpflichteten maßgeblichen Einkommensgruppe von 1,00 bis 1.500,00 Euro, ab 5.101,00 Euro und darüber.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nach Zuordnung der Einkommensgruppe entsprechend dem Einkommen des Unterhaltsverpflichteten regelmäßig eine Heraufgruppierung maximal zwei Stufen in die nächst höheren Einkommensgruppen zu erfolgen hat, wenn der Unterhaltsverpflichtete die der gesetzlichen Regelung zugrunde liegenden Voraussetzungen nicht erfüllt. Diese gehen im Regelfall von einer Unterhaltsverpflichtung für einen Ehegatten und zwei Kinder aus.
Hat der nichtverheiratete Unterhaltspflichtige nur für ein Kind Unterhalt zu leisten, erfolgt mithin eine Heraufgruppierung in die übernächste Einkommensgruppe.
Ist er verheiratet und leistet für ein Kind Unterhalt, erfolgt die Heraufgruppierung um eine Stufe.
Soweit der Unterhaltsverpflichtete jedoch nicht in der Lage ist, den Unterhalt entsprechend der höheren Einkommensgruppe zu zahlen, erfolgt notwendigerweise wieder eine Herabgruppierung, bis eine Unterhaltszahlung unter Beachtung des notwendigen Selbstbehaltes zu leisten ist.
Soweit sich der Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle berechnet, spricht man vom angemessenen Unterhalt, auf den das Kind nach § 1610 Abs. 1 BGB einen gesetzlichen Anspruch hat.
Demgegenüber spricht man vom Mindestunterhalt, durch den das Existenzminimum des Kindes entsprechend seiner jeweiligen Altersstufe gewährleistet werden soll. Der Mindestunterhalt ergibt sich in der Höhe entsprechend der ersten Einkommensstufe bis 1.500,00 Euro und der jeweiligen Altersstufe der zugrunde zu legenden Düsseldorfer Tabelle.
Der Mindestunterhalt tritt nach Außerkrafttreten der Regelbetragsverordnung zum 31.12.2007 an die Stelle der bisherigen Regelbeträge.
Grundlage der Düsseldorfer Tabelle war die bis zum 31.12.2007 geltende Regelbetragsverordnung. Diese enthielt die Regelbeträge, die ein minderjähriges Kind nach § 1612 a BGB von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, als Unterhalt als vom Hundertsatz des jeweiligen Regelbetrages verlangen kann. Auch nach der Regelbetragsverordnung wurden unterschiedliche Regelbeträge für die alten Bundesländer und das Beitrittsgebiet bestimmt. Diese Regelbeiträge sollten den Mindestunterhalt minderjähriger Kinder sicherstellen.
Durch die Neufassung des Unterhaltsrechts wurde nunmehr ein bundeseinheitliches Existenzminimum für minderjährige Kinder und volljährige Kinder unter 21 Jahren in Schulausbildung festgelegt (§ 1612 a BGB n. F.). Dieses Existenzminimum orientiert sich nunmehr hinsichtlich seiner Mindestbeträge am Einkommenssteuerrecht gemäß § 32 Abs. 6 Einkommenssteuergesetz. Es gilt der doppelte dort festgehaltene Freibetrag des Existenzminimums von 1.824,00 Euro im Jahr, mithin in Höhe von 3.648,00 Euro. Dies entspricht einem Unterhaltsbetrag von 304,00 Euro. Gemäß § 1612 a BGB n. F. gilt als Mindestunterhalt für die erste Altersstufe (0 bis 5 Jahre) ein Anteil von 87 % des Grundbetrages, mithin 265,00 Euro; für die zweite Altersstufe (6 bis 11 Jahre) von 100 %, mithin 304,00 Euro und für die dritte Altersstufe (12 bis 17 Jahre) von 117 %, mithin 356,00 Euro. Von diesen Beträgen wird das Kindergeld entweder zur Hälfte, wenn ein Elternteil des Kind betreut, oder in bestimmten Fällen voll auf den Bedarf angerechnet.
Da nach der neuen gesetzlichen Regelung in § 1612 a BGB die Mindestunterhaltsbeträge um etwa 10 % unter den entsprechenden Beträgen der Regelbetragsverordnung lagen, wurde der Mindestunterhalt durch den Gesetzgeber in der Übergangszeit angehoben. Nach § 36 Nr. 4 EGZPO sind die als monatlicher Mindestunterhalt für die drei Altersstufen der Minderjährigkeit ab dem 01.10.2008 maßgebenden Beträge auf 279,00 Euro für die erste Altersstufe, 322,00 Euro für die zweite und 365,00 Euro für die dritte Altersstufe festgesetzt worden. Die Übergangsregelung tritt außer Kraft, wenn der nach Maßgabe des § 1612 a Abs. 1 BGB zu errechnende Mindestunterhalt die festgelegten Beträge übersteigt. Diese festgesetzten Beträge entsprechen zudem den Richtsätzen der ersten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle. Sie entsprechen mithin den für die erste Einkommensgruppe geltenden Beträgen.
Wegen der Gleichstellung der privilegierten volljährigen Kinder (siehe oben) mit den minderjährigen Kindern gelten als Bemessungsgrundlage auch hier die Tabellensätze der Düsseldorfer Tabelle (vierte Altersstufe). Bei nichtprivilegierten volljährigen Kindern bestimmt sich der zu leistende Unterhalt nach dem Bedarfssatz, der nach den Unterhaltsrichtlinien in der Regel monatlich 640,00 Euro beträgt. In diesem Betrag sind sowohl die Kosten für eine Ausbildung im üblichen Rahmen, wie auch ein Mietanteil (Warmmiete) von bis zu 270,00 Euro enthalten.
Bei guten wirtschaftlichen Verhältnissen ist eine Erhöhung des Bedarfs möglich, die jedoch im Allgemeinen nicht über den doppelten Betrag hinausgeht.
In den Unterhaltsbeträgen sind jedoch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sowie Studiengebühren nicht enthalten, so dass diese ggf. zusätzlich zu erbringen sind.
Gegenüber volljährigen Kindern sind beide Elternteile barunterhaltspflichtig. Ihr Haftungsanteil bestimmt sich nach dem Verhältnis ihrer den jeweiligen Selbstbehalt übersteigenden Einkommen.
Die Unterhaltspflicht für volljährige Kinder besteht solange, bis diese eine Ausbildung im üblichen Rahmen abgeschlossen haben.
Häufig wird es vorkommen, dass das volljährige Kind neben oder anstelle der Erstausbildung eine Zweitausbildung beginnt.
Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind die Eltern jedoch nur verpflichtet, eine Erstausbildung ihrer Kinder zu finanzieren; Zweitausbildungen nur unter bestimmten Voraussetzungen.
Bei der Berechnung der Unterhaltspflicht ist das auf das Kind entfallende Kindergeld gemäß § 1612 b BGB zu berücksichtigen und zur Deckung des Barbedarfs des Kindes zu verwenden. Die Anrechnung erfolgt zur Hälfte, wenn ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt und in allen anderen Fällen in voller Höhe. Im vorgenannten Umfang wird der Barbedarf des Kindes gemindert.
Die Geltendmachung des Kindesunterhaltes kann durch das unterhaltsberechtigte Kind nach Wahl in zwei Formen geltend gemacht werden.
So kann das Kind einen monatlichen Festbetrag verlangen. Hierbei spricht man vom sogenannten statischen Unterhalt. Dies empfiehlt sich Minderjährigen insbesondere dann, wenn Änderungen der Leistungsfähigkeit oder Bedürftigkeit oder bei laufender Geltendmachung von Mehrbedarf absehbar sind. Volljährige Kinder dagegen sind auf die Geltendmachung statischer Unterhaltstitel beschränkt.
Dem gegenüber kann der Unterhalt im Unterhaltstitel auch als Prozentsatz geltend gemacht werden. Vorteil hierbei ist, dass bei Erreichen der nächsten Altersstufe oder bei Veränderung des Existenzminimums des Kindes sich der Unterhalt automatisch anpasst. Dynamische Unterhaltstitel passen sich mithin automatisch an, ohne dass es eines Abänderungsverfahrens bedarf.
Soweit der Unterhaltsverpflichtete keinen Unterhalt zahlt oder nicht zahlen kann, kann der Berechtigte vom zuständigen Jugendamt Unterhaltsvorschusszahlungen beantragen. Grundlage ist hierfür das Unterhaltsvorschussgesetz – UVG.
Zu berücksichtigen ist, dass nach § 7 Abs. 1 UVG sowohl der Unterhaltsanspruch als auch der Auskunftsanspruch des Berechtigten auf das Land in Höhe des gezahlten Vorschusses übergeht. Eine Geltendmachung durch den Unterhaltsberechtigten wäre dann nur möglich, sofern durch das Land dieser Anspruch wieder rückübertragen wird.
Das Unterhaltsvorschussgesetz soll sicherstellen, Kindern unter 12 Jahren, die nicht oder nicht regelmäßig Unterhaltszahlungen erhalten, das Existenzminimum zu gewähren. Um zu verhindern, dass die neuen Leistungssätze unter die derzeitigen Beträge absinken, ist als Mindestunterhalt in der Altersstufe 1 mindestens 279,00 Euro und in der Altersstufe 2 mindestens 322,00 Euro angesetzt worden. Hiervon ist das volle Kindergeld in Höhe von 154,00 Euro abzuziehen. Unterhaltsvorschuss wird nur für Kinder unter 12 Jahren gewährt. Dies gilt jedoch nicht für Elternteile, die in einer Lebenspartnerschaft im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes leben. Diese sind nicht ledig im Sinne von § 1 des Unterhaltsvorschussgesetzes (vgl. Bundesverfassungsgericht FamRZ 05, 1742).
2. Ehegattenunterhalt
Der Ehegattenunterhalt bezieht sich auf das Unterhaltsverhältnis zwischen Eheleuten. Es bezeichnet den Unterhalt, den ein Ehegatte vom anderen Ehegatten erhält bzw. den der andere Ehegatte bezahlt.
Während des Zusammenlebens innerhalb der Ehe sind beide Ehegatten verpflichtet, zum Lebensunterhalt der Familie durch ihr Einkommen beizutragen. Diese Verpflichtung besteht zu gleichen Teilen. Man spricht hierbei vom sogenannten Familienunterhalt.
Unter Trennungsunterhalt versteht man die Unterhaltszahlungen bzw. Ansprüche der Ehegatten während der Trennungszeit. Dies ist die Zeit zwischen der wirtschaftlichen und regelmäßig räumlichen Trennung beider Ehegatten bis zur rechtkräftigen Scheidung der Ehe. Nach der Scheidung spricht man vom nachehelichen Unterhalt.
Die Höhe des Ehegattenunterhaltes bestimmt sich beim Trennungsunterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen und bei dem nachehelichen Unterhalt nach den beiderseitigen Verhältnissen zum Zeitpunkt der Scheidung.
Soweit ein Ehegatte für ein Kind Unterhalt leistet, wird der Unterhaltsbetrag vorab vom Einkommen in Abzug gebracht, soweit die Unterhaltszahlung die ehelichen Lebensverhältnisse bereits geprägt hat. Jedoch nur soweit, als dass sich daraus nicht ein Missverhältnis zum Wechselbedarf der Beteiligten ergibt (vgl. BGH FamRZ 1999, 367; FamRZ 2003, 363). Bei der Berechnung des Unterhaltsbedarfs wird das beiderseitige Einkommen beider Ehegatten zusammengerechnet, soweit dies eheprägend war, und anschließend halbiert.
Soweit ein oder beide Ehegatten ihr Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit erzielen, ist das Einkommen um einen Erwerbstätigenbonus von 1/7 zu kürzen.
Soweit ein Ehegatte nicht erwerbstätig ist und insofern kein eigenes Einkommen hat, kann eine sogenannte Erwerbsobliegenheit bestehen. Diese verpflichtet den erwerbslosen Ehegatten, im Rahmen seiner Eigenverantwortung zur Sicherung seines Lebensunterhaltes eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen und – soweit dies nicht gelingt – sich aktiv und nachhaltig hierum zu bemühen.
Inwieweit bei Kindesbetreuung oder während der Trennungszeit eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist bzw. eine Erwerbsobliegenheit besteht, ist eine Frage des Einzelfalles.
Das neue Unterhaltsrecht geht insbesondere beim nachehelichen Unterhalt verstärkt davon aus, dass jeder für sich selbst zu sorgen hat. Dieser Grundsatz der Eigenverantwortung wurde in § 1569 BGB neu gefasst. Hierin heißt es:
„Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Ist er dazu außerstande, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nur nach den folgenden Vorschriften.“
Danach besteht ein Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten nur wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt. Eine Verlängerung kommt nur dann in Betracht, soweit es die Belange des Kindes unter Berücksichtigung der Möglichkeiten zur Kinderbetreuung erfordern oder dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kindesbetreuung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe gerechtfertigt ist.
Darüber hinaus kann ein Ehegatte Unterhalt verlangen, wenn er trotz eigener Bemühungen nicht in der Lage war, nach der Scheidung angemessene Erwerbstätigkeit zu finden. Hat er eine angemessene Tätigkeit gefunden und reicht das daraus erzielte Einkommen nicht für seinen vollen Unterhalt aus, besteht ein Anspruch in Höhe des Differenzbetrages zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt. Man spricht hier vom sogenannten Aufstockungsunterhalt (§ 1573 BGB).
Was unter angemessener Erwerbstätigkeit zu verstehen ist, ist in § 1574 BGB geregelt. Hiernach ist die Erwerbstätigkeit angemessen, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entspricht, soweit eine solche Tätigkeit nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht unbillig wäre. Maßgeblich hierbei ist ebenfalls die Dauer der Ehe sowie die Dauer der Erziehung gemeinschaftlicher Kinder. Erfordert die angemessene Erwerbstätigkeit eine Ausbildung, ist der geschiedene Ehegatte hierzu verpflichtet, sofern ein erfolgreicher Abschluss der Ausbildung zu erwarten ist.
3. Sonstiger / Verwandten-Unterhalt
Bei sonstigem Verwandtenunterhalt ist auf der Grundlage der Sozialpflichtigkeit der Verwandten untereinander auch der Unterhalt der Kinder für ihre Eltern zu verstehen. Diese sind verpflichtet, entsprechend ihren Einkommensverhältnissen den Eltern Unterhalt zu gewähren, sofern diese bedürftig sind.
Besondere Unterhaltsregelung findet sich ferner in § 1615 l BGB. Hiernach hat der Vater der Mutter eines gemeinsamen Kindes für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren. Dieser Zeitraum verlängert sich um die Zeit, in der die Kindesmutter aufgrund einer durch die Schwangerschaft oder Geburt des Kindes erlittenen Krankheit nicht erwerbstätig sein kann. Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und endet drei Jahre nach dieser. In Einzelfällen besteht die Unterhaltsverpflichtung darüber hinaus fort.
Bedürftigkeit, Leistungsfähigkeit, Selbstbehalt - Voraussetzungen für jeden Unterhaltsanspruch
Die Zahlung von Unterhalt, mithin das Bestehen eines Unterhaltsanspruches setzt grundsätzlich sowohl beim Kindes- als auch beim Ehegattenunterhalt voraus, dass der Unterhaltsberechtigte bedürftig ist. Bedürftigkeit bedeutet hierbei, dass der Anspruchsberechtigte aufgrund der ehelichen Verhältnisse (Ehegatten) bzw. seiner familiären Verhältnisse (Kind) Zahlungen benötigt, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Bedürftigkeit steht damit im engen Zusammenhang zur Unterhaltshöhe. Letztlich ist die Bedürftigkeit für Kindes- und sonstigen Verwandtenunterhalt in § 1602 BGB, für den Familienunterhalt in § 1360 BGB, für den Trennungsunterhalt in § 1361 BGB und für den nachehelichen Unterhalt in § 1577 Abs. 1 BGB angesprochen.
Bedürftigkeit ist daher nur dann gegeben, wenn der zum Lebensunterhalt benötigte Bedarf nicht durch eigene Einkünfte des Unterhaltsberechtigten gedeckt ist.
Andererseits setzt die Verpflichtung zur Unterhaltszahlung die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach Maßgabe der jeweiligen Unterhaltshöhe voraus.
Leistungsfähigkeit ist daher dann gegeben, wenn der Pflichtige aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse in der Lage ist, den geforderten Unterhaltsbedarf zu bezahlen.
Bei der Ermittlung der Einkommensverhältnisse muss der Unterhaltspflichtige jedoch in der Lage verbleiben, seinen eigenen Lebensbedarf abzudecken. Dieser sogenannte Selbstbehalt ist daher bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit stets zu berücksichtigen.
Gegenüber minderjährigen und diesen gleichgestellten volljährigen Kindern beträgt der notwendige Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen 900,00 Euro, soweit der Pflichtige erwerbstätig ist; anderenfalls 770,00 Euro. In diesem Selbstbehalt ist ein Mietanteil (Warmmiete) in Höhe von ca. 360,00 Euro enthalten.
Den übrigen Unterhaltsberechtigten ist ein angemessener Selbstbehalt zu berücksichtigen. Dieser beträgt bei volljährigen Kindern, die nicht mehr im Haushalt der Eltern leben, 1.100,00 Euro mit einem darin enthaltenen Mietanteil von etwa 450,00 Euro (warm).
Gegenüber den Eltern des Unterhaltspflichtigen beträgt der Selbstbehalt 1.400,00 Euro zuzüglich der Hälfte des darüber hinausgehenden bereinigten Einkommens. Der enthaltene Mietanteil beträgt auch hier etwa 450,00 Euro warm.
Der Selbstbehalt gegenüber dem getrenntlebenden und geschiedenen Ehegatten beträgt regelmäßig 1.000,00 Euro und gilt als billiger Selbstbehalt, vgl. BGH FamRZ 2006, 683. Dieser Betrag gilt auch in den Fällen des § 1615 l BGB gemäß BGH FamRZ 2005, 354.
Eine Unterschreitung des Selbstbehaltes ist dann möglich, wenn der eigene Unterhalt des Pflichtigen ganz oder teilweise durch den Ehegatten gedeckt ist.
Soweit das Einkommen den Selbstbehalt übersteigt (Verteilungsmasse), ist dieser für die Unterhaltsverpflichtung maßgeblich. Reicht jedoch die Verteilungsmasse nicht aus, ist ein sogenannter Mangelfall gegeben.
Grundlage für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist daher zunächst dessen Bruttoeinkommen, das unter Abzug nachfolgender Beträge zu bereinigen ist. Man spricht insoweit von dem für den Unterhalt maßgeblichen bereinigten Einkommen.
Zum Einkommen zählen alle Einkünfte und geldwerten Vorteile aus einer Erwerbstätigkeit einschließlich Renten- und Pensionen, unregelmäßiges Einkommen, mithin Einmalzahlungen oder Überstundenvergütungen, soweit sie geringfügig anfallen oder berufsüblich sind. Eine Ausnahme gilt hierbei nur in Mangelfällen. Ferner gehören zum Einkommen Spesen und Auslösungen, soweit dadurch eine Ersparnis eintritt oder Überschüsse verbleiben. Hiervon wird im Zweifel ausgegangen, die im Ergebnis mit einem Drittel der Nettobeträge zu bewerten und dem Einkommen hinzuzurechnen sind. Weitere Einkommen sind Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, hierbei nach Maßgabe des Gewinns dreier aufeinanderfolgender Geschäftsjahre, Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen und Steuererstattungen.
Sozialleistungen, wie Arbeitslosengeld und Krankengeld, gehören ebenfalls zum Einkommen. Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II sind auf Seiten des Unterhaltspflichtigen Einkommen und auf Seiten des Unterhaltsberechtigen jedoch kein Einkommen.
Kein Einkommen sind ebenfalls Sozialhilfe oder Unterhaltsvorschussleistungen nach dem UVG bzw. das Kindergeld.
Geldwerte Zuwendungen, die zur Ersparung von Eigenaufwendungen führen, sind ebenfalls Einkommen. Gleiches gilt, sofern einer der Unterhaltsbeteiligten im eigenen Haus oder der ihm gehörenden Eigentumswohnung wohnt.
Soweit der Unterhaltsberechtigte oder der Unterhaltsverpflichtete in Verletzung der Erwerbsobliegenheit keine eigenen Einkünfte erzielt, sind fiktive Einkünfte zur Anrechnung zu bringen, die gemessen an dem Alter, der Vorbildung und dem beruflichen Werdegang zu berechnen sind.
Soweit einzelne oder mehrere Einkommensarten in Ansatz zu bringen sind, ist das Einkommen um die hierauf geleisteten Steuern und Vorsorgeaufwendungen zu kürzen. Neben der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung gehören hierzu auch die Beiträge für private Kranken- und Alters- bzw. Pflegevorsorge, sofern diese angemessen sind.
Darüber hinaus sind bei bestehender Erwerbstätigkeit ein Abzug berufsbedingter Aufwendungen, die in der Regel mit einem Anteil von 5 % des Nettoeinkommens anzusetzen sind, abzuziehen. Höhere Aufwendungen bedürfen des Nachweises.
Einkommensmindernd abzugsfähig sind darüber hinaus Aufwendungen für Ausbildungsmaßnahmen oder Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Schulden in Form von Zinsen und Tilgungsraten können in angemessener Weise einkommensmindernd berücksichtigt werden, wenn sie aus der Zeit vor der Eheschließung stammen oder während der Ehe begründet wurden.
Beim Kindesunterhalt ist jedoch dem besonderen Bedarf Rechnung zu tragen.
Das hiernach verbleibende bereinigte Nettoeinkommen ist Grundlage für die Unterhaltsberechnung.
Soweit hiernach unter Berücksichtigung des notwendigen bzw. angemessenen Selbstbehaltes kein Einkommen mehr besteht, besteht keine Leistungsfähigkeit und damit keine Unterhaltsverpflichtung.